Dynamik – architektonisch umgesetzt

Die ovale Form des Gebäudes soll an eine Rennstrecke erinnern, das Lochmuster in der Fassade an Abdrücke von Motocrossreifen: Für den Motorradhersteller KTM lädt die «KTM-Motohall» in eine Erlebniswelt ein, die bereits aussen mit der spektakulären Fassade einladend inszeniert wird.

Die österreichische Marke KTM ist Weltmarktführer im Bereich der geländegängigen Motorräder und gilt heute als der grösste Motorradhersteller Europas. An seinem Stammsitz in Mattighofen – Grund für das M im Namen hat KTM mit der KTM Motohall für rund 28 Millionen Euro eine interaktive Ausstellungs- und Erlebniswelt errichtet. Besucher können in der hochmodernen Ausstellung mit einer Gesamtfläche von 9.600 m2 über drei Ebenen in die Welt von KTM eintauchen. Hier werden die Marke, die Technologie und die Geschichte des Unternehmens präsentiert. Der gesamte Gebäudekomplex besteht aus einem Museumsbau mit Veranstaltungssaal und Schauwerkstatt, einem vorgelagerten Museumsplatz und einer zweigeschossigen Tiefgarage.

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Schleifen und Rampen

Für die KTM-Motohall zeichneten die Architekturbüros X architekten ZT aus Linz sowie Hofbauer Liebmann Wimmesberger aus Wels verantwortlich. Ziel der Architekten war es, die Dynamik von Marke und Fahrerlebnis architektonisch in Bewegung umzusetzen. Das Bauwerk vereint die Geschwungenheit der Rennstrecke, die Beschaffenheit des Offroadgeländes und die darauf verkehrenden Bikes von KTM auf plakative Weise in sich. Alles an dem Bauwerk assoziiert und evoziert Bewegung. Rechte Winkel existieren hier nicht.

Entstanden ist ein Grundkörper aus Stahlbeton in Form von zwei ineinander verschobenen Ellipsen. Der Neubau ist zeichenhaft und wird von Metallbändern umkurvt. Um jeweils 4 Prozent entgegengesetzt geneigt, führen sie die Topografie des Geländes in gebauter Form fort, greifen so die geschwungene ovale Form einer Rennstrecke auf.

Durch die Neigung wird nebenbei die strenge Stockwerksordnung auf barrierefreie Art aufgeweicht. Ohne auf Stufen oder Fahrstühle angewiesen zu sein, können sich die Besucher auf Schleifen und Rampen durch das Gebäude bewegen. Neun mit Lochblech verkleidete Kerne übernehmen die tragende Funktion. Zwischen den tragenden Kernen eröffnen sich ganz unterschiedliche Räume – Lichtsituationen und Durchblicke sorgen für einen spannungsreichen Innenraum. Licht, Grafik, Medien und inhaltliche Konzeption sprechen eine einheitliche Sprache: Als orangefarbener Faden zieht sich das Leitthema – Fahrgefühl pur – in Formen, Farben und Materialien durch die einzelnen Ausstellungsstationen. Dazwischen eröffnen sich weitläufige Luft- und Blickräume mit torartigen Situationen. Viereinhalb Geschosse misst die KTM-Motohall am östlichen Scheitelpunkt ihrer äussersten Ellipse. Die oberirdischen zweieinhalb Stockwerke sind in ihrem gesamten Umfang der Dauerausstellung vorbehalten. Dass der Bau dabei stets greifbar bleibt, liegt nicht zuletzt an den verwendeten Materialien: Sichtbeton, Aluminium und Terrazzo.

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Perforierte Fassade

Wetterbeständig und praktisch beliebig formbar: Eine Metallverkleidung hat viele Vorteile. Die hochwertige Wirkung, verbunden mit den Möglichkeiten der Lichtspiegelung und Schattenbildung, verleiht jedem Gebäude einen eigenen Charakter. Metallfassaden bieten Vielfalt in Form, Farbe, Oberfläche und Format. Exakt diese Vorzüge sind bei der Fassade der KTM-Motohall erkennbar. Umlaufende, auskragende Metallbänder und ihr sichtbare Stahlunterkonstruktion öffnen den Massivbau und verleihen ihm Dynamik. Die präzise feuerverzinkte Stahlkonstruktion ist die geeignete Lösung für eine Fassade, die Leichtigkeit und Transparenz ausstrahlen soll. Mit einer Fläche von rund 8000 m2 wickelt sie sich in drei Bändern aus eloxiertem Aluminium um den Gebäudekern aus Beton. Eines der Bänder ist mit einem Bodenrost ausgestattet und somit als Fussgängerrampe begehbar. Die perforierten Bänder sollen an Abdrücke von Offroad-Reifen im Gelände erinnern: Mittels Laser wurden in den vertikal stehenden Blechen der Bänder quadratische Löcher in unterschiedlicher und unregelmässiger Positionierung ausgeschnitten. Jedes Blechelement wurde individuell konstruiert und angefertigt. Bei Sonneneinstrahlung, wenn die teils aufgeklappten Perforierungen nach Sonnenstand changieren, erzeugt das auf die Fassade und den elliptischen Baukörper projizierte Schattenspiel zusätzliche Bewegung auf der Fassade. Für den 3D-Effekt mussten auf der Baustelle in Handarbeit in den Fassadenelementen 50.000 bewegliche Teile nach Architekturvorgaben ausgerichtet werden.

Planung in 3D

Die identitätsstiftende Fassade ist in dieser Leichtigkeit nur in der Ausführung mit einem Stahltragwerk möglich. Die Planung der auskragenden, schlanken Fassadenelemente samt Tragwerkskonstruktion, die einen essenziellen Bestandteil der Architektur darstellen, übernahmen Werkraum Ingenieure aus Wien. Mit einer umfangreichen parametrischen Modellierung in Rhino und Grasshopper wurden effizient verschiedene Versionen des Tragwerks untersucht und bestimmte Parameter wie z.B. Rahmenabstände elegant optimiert. So konnte unter Berücksichtigung aller Einschränkungen immer die optimalste Lösung gefunden werden. Aufgrund der extrem anspruchsvollen Geometrie wurde das gesamte Leistungsvolumen im Metallbau gleichzeitig von mehreren Planungsteams der Firma Metallbau Wastler vollständig in 3D durchgeplant. Bei der Fassadenkonstruktion wurde bereits in der Konzepterstellung auf die Option einer späteren Demontage geachtet – die geschraubten Verbindungen vereinfachen diese und erlauben einen Transport der einzelnen Stahlelemente zu einem neuen Nutzungsort. Die geschwungenen Aluminiumfassaden wurden von bis zu acht Montageteams gleichzeitig in zwölfmonatiger Bauzeit hergestellt und montiert. Hierfür wurden von der GFT Fassaden AG aus St. Gallen Hutprofile vertikal und horizontal eingesetzt, für die Unterkonstruktion der Fassaden das Grundsystem GFT sowie das Aufbausystem GFT 33 verbaut.

Übrigens: Die KTM Motohall ist mit dem europäischen Stahlbaupreis 2021 ausgezeichnet worden. Die ECCS – European Convention for Construction Steelwork – verleiht im 2-Jahres-Rhythmus die European Steel Design Awards für herausragende Stahlbauprojekte.

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BAUTAFEL

Bauherrschaft:

KTM Motohall, Mattighofen AT  

Architekt:

Hofbauer Liebmann Architekten ZT GmbH, Wels
X Architekten, Linz

Tragwerksplaner:

Werkraum Ingenieure ZT GmbH, Wien

Stahlbau:

Unger Steel Group

Systemplaner und -lieferant:

GFT Fassaden GmbH, Schladming

Fassadenbauer:

Metallbau Wastler GmbH & Co KG, Linz

Fassaden-Unterkonstruktion:

Grundsystem GFT 
Aufbausystem GFT 33

Fotos: B. Kenedi, S. Romero