Exotische Reflexionen: Neugestaltetes Restaurant «Lucide» im KKL Luzern

Im „Lucide“ tauchen die Gäste ein – in eine sinnlich exotische Welt aus einladend warmen Farben, inspirierenden Oberflächen und duftenden Speisen. Im Mai 2020 öffnete das Restaurant im KKL Luzern seine Türen als komplett renovierter Nachfolger der ehemaligen Gastronomie „Red“. Die neue Gestaltung von Atelier West Architekten aus Baden fügt der Architektur von Jean Nouvel eine neue Reflexion hinzu und umrahmt die prämierte Spitzenküche.

Der hektische Bahnhofplatz, davor gemächlich schaukelnde Boote auf einer bewegten Seeoberfläche, über den schlendernden Passanten an der idyllischen Promenade kreischen die Möwen. Mittendrin, innerhalb des wuchtigen Glas-Metallkörpers des Kultur- und Kongresszentrums Luzern, liegt das neue Restaurant „Lucide“. Mit seinem funkelnden Licht, den prickelnden Farben und warmen Oberflächen sowie den betörenden Düften aus der Küche spricht es alle Sinne zusammen an.

Das „Lucide“ schafft eine Atmosphäre, die einen regelrecht umgibt und in den Bann zieht. Dafür schlossen Atelier West Architekten an der Intention von Architekt Jean Nouvel an, den See ins KKL-Gebäude zu holen. Nach den Plänen des Franzosen entstand der spektakuläre Bau zwischen 1995 und 2000. Zwar konnte die ursprüngliche Idee Nouvels, den Konzertsaal in Schiffsform direkt in den See zu bauen, aus ökologischen und städtebaulichen Gründen nicht realisiert werden, doch dafür holte er den See schliesslich über Wasserkanäle und Bassins in den Bau hinein. Seine „Inclusion“ sah vor, nicht nur das Aussen in Form des Sees nach innen zu bringen, sondern auch das Innenleben nach aussen sichtbar zu machen. Dabei nutzte er auch die Reflexionen des Wassers, die sich im Material der Fassade und des überdimensionalen, über das Wasser gezogenen Dachs abzeichnen. Den Kongresstrakt, einen von drei Gebäudeteilen, die wie Schiffskörper in einer Werft beieinander liegen, versah Nouvel mit grossen Glasfronten und einer Metallgitter-Fassade. In diesem Trakt liegt im 2. Obergeschoss das Restaurant „Lucide“, das im Namen die Qualität verrät, die eine dreiseitig umlaufende Glasfront dem Haus bietet: Helligkeit.

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Lichte Momente

Erhellendes wiederum verspricht neben den verschiedenen Kultureinrichtungen auch das junge Restaurant „Lucide“. Im Mittelpunkt steht dabei die fantasievolle und filigrane Küche von Michèle Meier, die erst kürzlich vom Gault-Millau zur Köchin des Jahres 2021 ernannt wurde und mit 15 der begehrten Punkte im Gourmetguide ausgezeichnet ist. Meier bietet den Gästen eine frische und unverfälschte Küche, die sich bei genauerer Betrachtung als durchaus komplex und inspirierend darstellt. Schliesslich ist das gesamte Restaurantkonzept nach dem Motto „Herkunft und Handwerk“ aufgebaut. Das Herz des Betriebs schlägt daher neu in einer offen einsehbaren Küche, die den Gästen den Entstehungsprozess der exklusiven Gerichte und die dynamische Arbeit in der Küche nahe bringen soll. In die sinnlichen kulinarischen Eindrücke und den fantastischen Ausblick auf den See stimmt auch die bestimmte wie offene Raumgestaltung ein.

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Räumliche Verbindung

Die ursprüngliche Raumaufteilung stellte zugleich Chance wie Herausforderung für die Innenarchitekten des Atelier Wests dar. Mit dem „Lucide“ und dem darunterliegenden „Le Piaf“ sollte das Gastroangebot im KKL neu positioniert werden. Innerhalb von vier Wochen galt es, zwei unabhängige Konzepte für beide Restaurants vorzulegen, um diese schliesslich in nur acht Wochen Bauzeit zu realisieren.

Die Aufgabe bestand im „Lucide“ darin, ein angemessenes und ansprechendes Ambiente für die Spitzenküche zu schaffen und dabei die unterschiedlichen Raumbereiche, die allesamt mit einer transparenten Wand zum Aussenraum geöffnet sind, effizient zu nutzen und integrativ einzurichten. Dafür griff das Innenarchitekten-Team zum Mittel, die vormals geschlossene Küche stärker in den Gastraum einzubeziehen, und diesen deutlicher zur Küche hin zu orientieren. Dem kam entgegen, dass die Küche und die Serviceräume als zentraler Block in dem langgezogenen Raum liegen und vom Gastraum U-förmig umschlossen werden.

Heute prägt ein grosser Chef’s Table die Atmosphäre entscheidend mit.; wie die Familie oder Gäste in der offenen Küche zuhause nehmen die Anwesenden hier räumlich am Kochgeschehen teil. Die Unterteilung des Raums in die drei Seiten der U-Form ermöglichte wiederum auch Privatheit, welche die Architekten mit Kniffen wie eingebauten Polster-Sitzecken und Kugelvorhängen noch unterstrichen. Sie wahren so gleichzeitig den Ausblick auf den See und die Lichtstimmungen, auf denen das innenarchitektonische Konzept basiert.

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Konzept „Underwater“

Die Farbgestaltung folgt der Idee, den See in Form der Unterwasserwelt in den Raum zu holen. Das Spezielle: Als Vorbild diente ein mikroskopisches Bild des Seewassers. Im Bereich Mikro-Fauna von Plankton und Co. stellt sich auch der alpine Vierwaldstättersee als unerwartet farbig und formenreich heraus. Dies teilt er mit den exotischsten Regionen der Weltmeere. Als zentrales Gestaltungselement nutzten Atelier West Architekten daher eine lebendige, vielfarbige Stofftapete, auf der Haie, Krebse und Oktopusse zwischen Korallen und Seegras umhertreiben. Ihr Konzept folgt dem Bild von Exotik und blühender Fantasie, nach den Worten der Innenarchitektin Guadalupe Falguera „eine Welt die man sich gut vorstellen kann, aber nicht genau kennt“. Diese knüpft an der farbenfrohen Fantasieküche von Michèle Müller an und soll in die optische Unterwasserwelt miteinfliessen. Falguera umreisst das Ziel: „Der Raum soll es ermöglichen, die Kunst des Kochens und des Essens zu geniessen, während man eine ganze Weile dort sitzt und vom Wasser umfangen ist.“

Lucide Luzern

Auch die Materialien entsprechen optisch und haptisch der Wasserwelt. Der Holzboden in einem verwaschenen Grauton beispielsweise orientiert sich an der Farbe von Schwemmholz. Er ist in grober Fischgrätoptik verlegt. In Kombination damit wurde der Servicebereich mit einer geschwärzten Holzvertäfelung versehen, die an geteerte Schiffsrümpfe oder die Dunkelheit der Tiefsee denken lässt. Auch die meisten Tische und Stuhlbeine orientieren sich an dieser Farbigkeit. Sie sind ergänzt mit Varianten in Gold und mit komfortablen organisch geformten Sitzschalen in einladend warmen Korallentönen. Die Farben spiegeln sich auch im eingesetzten Terrazzoboden in Goldgelb- und Anthrazittönen im Bereich des Chef’s Table wider. Der Chef’s Table selbst erhielt eine Front in einem goldglänzenden Sandton, während die Wände im Service in schwarzem Neolit entfernt an ein natürliches Riff erinnern.

Ein weiteres zentrales Element der Einrichtung stellen die Leuchten dar. Allesamt sind sie inspiriert von den organischen Formen der See – Luftblasen, Quallen oder auch Wasserpflanzen. Die grosszügig gruppierten Lampentypen aus geblasenem farbigem Glas oder kleinteiligen Kettenstrukturen vermitteln eine verspielte Exotik. Zusätzlich unterstreichen sie die einzelnen Zonen des Raums, die in den Randbereichen in Richtung Front teils noch mit den Kugelvorhängen in einer Optik von Seegrasschleiern unterteilt sind. Die Einrichtung wird schliesslich durch sorgfältig ausgesuchte Details ergänzt, wie das exklusiv hergestellte Lucide Steinzeug Geschirr oder die Seidenfoulards mit Meeresdekor für die Mitarbeitenden.

Am Ende jeden Tages schliesslich kehrt sich die „Inclusion“ des gläsernen Gehäuses wieder um. Die farbig beleuchtete Szenerie im Inneren übernimmt dann eine tragende Rolle in dem Schauspiel am See. Mancher Passant mag sich beim Anblick des bedächtigen Treibens dann auch an ein schillerndes Aquarium erinnert fühlen.

Bautafel

Bauherr:                      KKL Luzern Management AG

Adresse:                      Europlatz 1, 6002 Luzern

Innenarchitektur:         Atelier West Architekten SIA/VSI.ASAI, Baden

 

Lieferanten/Produkte

Schreinerarbeiten:       Karl Bucher AG, Goldau

Gastroschreiner:           Pius Nadler AG, Höri

Holzverkleidung:          VD Holz in Form

Tapete:                           Tecnografica, Italien

Möbellieferant:            Pulpo Interiors GmbH, Baden

Gastroplaner:               Klaus Architekten, Mettmenstetten

Kugelvorhänge:           Metallpfister, Dielsdorf

Parkett:                        Holzpunkt, Zürich

Dekolampen:               Willow Lamps, Südafrika; Tom Dixon, England; Terzani, Italien

Steinzeug Geschirr:      Good Life Keramik, Zürich

Fotos:                         Tina Sturzenegger

Weitere Informationen unter: www.atelier-west.ch