Fassade mit Keramikdiamanten

Tiffany & Co., 1837 in New York City gegründet, zählt zu den bekanntesten Luxusmarken der Welt. Mit exklusivem Schmuck betreibt das Unternehmen ein globales Netz von über 300 Filialen. Das kürzlich neu eröffnete Geschäft in Stuttgart zeichnet sich durch eine markante, von MVRDV gestaltete Fassade aus.

MVRDV ist ein niederländisches Architekturbüro, das nach der Gründung 1993 mit aussergewöhnlichen Projekten schnell bekannt wurde. Häufige Gestaltungselemente in den Arbeiten von MVRDV sind vertikale und horizontale Stapelungen, die in vielen ihrer grösseren Bauvorhaben zu finden sind, etwa in Wohnbauprojekten. Ganz anders ist das kleinmassstäbliche Projekt, das MVRDV in Stuttgart für Tiffany & Co., realisiert haben.               

Reminiszenz

Im Rahmen dieser Filialeröffnung hat MVRDV eine Fassade entworfen, die durch handgefertigte Keramikelemente in Form von Diamanten besticht. Diese „schwebenden“ Diamanten sind unsichtbar auf der Glasfassade angebracht. Die schillernde Oberfläche der Keramikelemente ist eine Reminiszenz an eine historische Materialinnovation von Tiffany & Co. und lässt die Fassade im Licht variieren.

Die Designer von MVRDV liessen sich bei der Entwicklung des Konzepts von Tiffanys Erbe inspirieren und setzten eine Vielzahl von Prinzipien um, die sowohl Materialexperimente als auch eine ausgeprägte Sensibilität für Dreidimensionalität umfassen. Diese Merkmale sind in der Architektur von Tiffany-Schmuckstücken sowie der geometrischen Präzision von Diamantschliffen spürbar und fliessen direkt in das Design des Geschäfts in Stuttgart ein. Jacob van Rijs, Mitgründer von MVRDV, erläutert: «In unserer Fassadengestaltung für das Stuttgarter Geschäft haben wir versucht, das Gefühl des Staunens und der Verzauberung einzufangen, das die Welt von Tiffany & Co. seit ihrer Gründung prägt.»

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Transparenz als auch Opazität

Die Fassade besteht aus insgesamt 2829 handgefertigten keramischen Diamanten, die mithilfe speziell entwickelter Stahlbefestigungen direkt an der Glasoberfläche montiert wurden. Die Diamanten sind sowohl auf der Aussenseite als auch auf der Innenseite der Glasfassade angebracht, wodurch der Eindruck einer von Diamanten umgebenen, schwebenden Architektur entsteht. Die Dichte dieser Diamanten variiert, sodass sie bei Bedarf sowohl Transparenz als auch Opazität bieten. Besonders rund um die Schaufenster und an den Gebäudeecken lösen sich die Diamanten auf, um eine ungehinderte Sicht in das Geschäft zu ermöglichen.

Jeder der 2829 Diamanten wurde im „Schlickerguss“-Verfahren gegossen und anschliessend in einer von neun Nuancen glasiert. Der Farbverlauf reicht vom charakteristischen Robin’s Egg Blue von Tiffany bis hin zu einem makellosen Weiss. Dieser Farbverlauf schafft einen visuellen Dialog zwischen der auffälligen Markenidentität und der neutralen Architektur des Dorotheen Quartiers.

Für die Herstellung der Diamanten wurde die Keramikmanufaktur Koninklijke Tichelaar beauftragt, die älteste Manufaktur für Keramik der Niederlande, die auf die Herstellung von Sonderglasuren spezialisiert ist.

Zusätzlich zu den Farbtönen umfasst jedes Keramikelement eine irisierende Glasur, die eine dynamische, sich je nach Licht- und Wetterbedingungen verändernde Oberfläche erzeugt. Diese einzigartige Glasur wurde in Zusammenarbeit mit MVRDV entwickelt und nutzt gezielte Variationen in der Mineralzusammensetzung und der Glasurtemperatur, um einen subtilen, naturalistischen Glanz zu erzeugen. Der resultierende Effekt ist eine Hommage an das legendäre Favrile-Glas von Louis Tiffany, das erstmals in den 1890er Jahren patentiert wurde und für seine schillernde, farbenprächtige Oberfläche bekannt ist.

 

Dieser Beitrag ist als Artikel erschienen im Fachmagazin FASSADE SZFF Ausgabe 3/25.

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