Nationales Kulturgut erneuert: Museo del Prado, Madrid

Der Prado in Madrid ist ein Heiligtum der Malerei – und das nicht erst, seit die Erweiterung von Prizker-Preisträger Rafael Moneo den noch unter Napoleon zerschossenen, barocken Kreuzgang des benachbarten Jerónimo-Klosters wiederherstellte und in die Räume des ursprünglich dem Louvre nachempfundenen Kunstmuseums integrierte. 13 Jahre nach der Eröffnung des nationalen Kulturguts gelang es Valerio Canals, unter anderem mit 30 Elementen des Systems Janisol Arte von Jansen die Hauptfassade zu sanieren, ohne deren Charakter zu beeinträchtigen.

Die Baugeschichte liest sich wie ein Historienkrimi. Zehn Architekten waren einst angetreten, um den 1819 als Königliches Museum für Malerei und Bildhauerei («Museo Real de Pintura y Escultura») in der spanischen Hauptstadt eingeweihten Bau entscheidend zu vergrössern und an die architektonischen Gepflogenheiten der Jahrtausendwende im Umgang mit solcherart soziokulturellen Erbstätten anzupassen. In einem Akt der Barbarei hatten deutsche und italienische Flieger am 16. November 1936 das ursprünglich zwischen 1785 und 1808 von Juan de Vilanueva errichtete und später von Antonio López Aguado für seine museale Bestimmung renovierte Gebäude in mehreren Luftangriffen bombardiert; zwischenzeitlich hatten die Kunstwerke in dem von der Spanischen Republik gegen die Faschisten verteidigten Valencia eine neue Heimat gefunden. Startpunkt für den, dann krachend gescheiterten, Wettbewerb war aber auch der, 1989 begonnene, spektakuläre Umbau des Pariser Louvre gewesen, hatte sich doch das stolze Museo del Prado von Anbeginn und initiiert von Monarch Ferdinand VII. an der schon damals berühmten französischen Ausstellung orientiert: Könige bedürfen auch Vorbildern.

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Der Ausschreibung ab 1996 sollte dies wenig helfen. Zwar gingen 776 Entwürfe in der Jury ein, die des Einzugs in die zweite Runde durchaus für wert befunden wurden. Doch konnten sich die Entscheider zwar zu lobenden Erwähnungen und der Auszeichnung als Zweitplatzierter, mitnichten aber zu einem finalen Urteil durchringen. Bei näherem Hinsehen fusste die Wankelmütigkeit dabei auch auf der ungeklärten Frage der überhaupt für den Erweiterungsbau zur Verfügung stehenden räumlichen Ressourcen. Schliesslich war eine signifikante Vergrösserung der Ausstellungsfläche geplant, gleichzeitig stiessen die Expansionsmöglichkeiten an die Grenze des benachbarten Jerónimo-Klosters, dessen schon unter Napoleon zerschossener, barocker Kreuzgang immer weiter zerfiel. Zwischenzeitlich von um ihre Ruhe fürchtenden Anwohnern, die denkmalschützerische Motive wohl nur vorschoben, zusätzlich in seinem Projekt inkommodiert, erzielt das spanische Kulturministerium schliesslich eine Einigung mit der Kirche San Jerónimo el Real und darf nunmehr besagten Kreuzgang endlich in seine, jahrelang ausgesetzten, Planungen für die Erweiterung des Museo del Prado einbeziehen.

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Ausstellungsfläche um 50 Prozent vergrössert

Zwar waren alle zehn Einreicher für die zweite Wettbewerbsphase wieder zugelassen. Allein, den Zuschlag hatte 1997 Rafael Moneo erhalten, dem nunmehr die Aufgabe zukam, den Kreuzgang Stein für Stein abtragen und restaurieren zu lassen sowie zu überdachen, um partiell zwischen den Balustraden Skulpturen zu platzieren. Die neue Querachse beginnt direkt am Velázquez-Eingang, welcher Besucher zur Sammlung der Gemälde eines der grossen Meister hispanischer Malerei geleitet. Weitere zehn Jahre nachdem sich die Juroren für den Prizker-Preisträger entschieden hatten, wurde der für 152 Millionen Euro und damit das Sechsfache der ursprünglich geplanten Bausumme realisierte Erweiterungsbau schliesslich eröffnet. Die Ausstellungsfläche hatte sich um 50 Prozent wie gewünscht deutlich vergrössert – und wird entsprechend sehr gut angenommen: So waren 2019 mehr als 3,2 Millionen Besucher gekommen, um das Museum mit seinen von einem unterirdischen Gang verbundenen Gebäuden zu besichtigen, das in seinem Bestand mehr als 5.000 Zeichnungen, 2.000 Drucke, 1.000 Münzen und Medaillen sowie 2.000 andere Kunstgegenstände nebst mehr als 700 Objekte in der Skulpturensammlung führt. Weltrang geniesst indes die Abteilung spanischer Malerei, mit fast 4.900 Werken die grösste des Prado und umfangreichste ihrer Art auch international. Alleine 132 Gemälde aller Epochen und Facetten der Kunst Francisco des Goyas kommen dem Anspruch einer Werkschau schon recht nahe. Ebenfalls reich an Zahl sind die Werke El Grecos vertreten, der dem absoluten Protagonismus zuzurechnen ist; weitere Pflichtstopps während seines Rundgangs sind dem kunstbeflissenen Besucher anempfohlen, etwa bei den 30 Gemälden im Sala de Tizian, bei Tintoretto, Caravaggio oder Giambattista Tiepolo, der einst mit seinem Sohn Giandomenico Tiepolo in die spanische Metropole gekommen war, um seinem Auftrag gemäss den königlichen Palast zu schmücken. Die Liste liesse sich beinahe unendlich fortschreiben und reicht bis zu den Flamen mit der weltweit renommiertesten Hieronymus-Bosch-Sammlung oder einzelnen Werken Albrecht Dürers.

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Filigrane Gestaltung mit hohen Glasanteilen

Die Jansen AG in der Schweiz ist mit ihren Stahlsystemen in vielen der angesehensten Architekturprojekte vertreten, was neben den vielfach erprobten Lösungen für energetisch anspruchsvolle Vorhaben insbesondere an der sehr guten Statik liegt, die zugleich eine filigrane, ästhetische Gestaltung mit hohen Glasanteilen ermöglicht. Dazu kommt im Fall von Janisol Arte, das für die 30 Elemente der von Valerio Canals erneuerten Hauptfassade am Museo del Prado von Rafael Moneo Verwendung fand, die enge Orientierung an der Formensprache, wie sie zur Zeit der gross angelegten Erweiterung vom Prizker-Preisträger zitiert worden war. Nur wichen die ursprünglichen Eisenfenster nunmehr den im Stahlsystem realisierten Balkontüren und Trennwänden, die Höhe der unteren Fenster beträgt 3.600 Millimeter. Die in die Fassadensanierung eingebundenen Metallbauer Sistema Global de Acero / Cerrajeria Teófilo und Valuarte Conservacion de Patrimonio SL, Letzterer spezialisiert auf denkmalgeschützte Fenster- und Fassadenausführungen, hatten die Aufgabe, die grundlegende Anmutung der Fassade zu bewahren und gleichzeitig die technologischen Möglichkeiten des Marktes zu sondieren und für die angestrebte Optimierung zu nutzen.

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Das Innere der Fenster statteten Fachleute, eng abgestimmt mit behördlichen Stellen, dann wieder mit den originalen Drehstangenverschlüssen aus; die ursprünglichen Fenstergriffe erfuhren eine aufwändige Wiederaufarbeitung und finden nach Abschluss der Sanierungsarbeiten im letztjährigen September bis heute Verwendung an den mit dekorativen Ornamenten ausgestatteten Elementen des Museo del Prado. Die Jansen-Profilserie Janisol Arte, entwickelt zunächst wie hier für die Restaurierung denkmalgeschützter Fassaden wie von Industrie- und Loftverglasungen, überzeugt energetisch wie ästhetisch mit ihren äusserst filigranen, thermisch getrennten Systemen – und kommt zunehmend, und in der Variante Janisol Arte 2.0, in der modernen Architektur zum Einsatz.

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BAUTAFEL

Bauherrschaft: Ministerio de Cultura de España, Madrid/ES

Architektur: Valerio Canals, Madrid/ES

Metallbau: Sistema Global de Acero, Madrid/ES

Verwendete Profilsysteme: Janisol Arte

 

Fotos: Alfonso Quiroga

Text: Reinhold Kober