Thermoplan richtet sich mit «unique» Werksgebäude auf die Zukunft aus
Mit ihrem neuen Werksgebäude am Standort Weggis will die Marktführerin von vollautomatischen Kaffeemaschinen neue Wege gehen. Der Bau soll die Offenheit der Thermoplan AG gegenüber neuen Technologien repräsentieren, zudem richtet er den Fokus auf Nachhaltigkeit. Die passende Fassade von 4B aus Glas und Metall ist intelligent gesteuert.
Ein Bau wie «unique» ist in der Schweiz noch nicht selbstverständlich. Notwendig wurde er wegen der steigenden Nachfrage nach Kaffeevollautomaten. Es handelt sich denn auch schon um das fünfte Firmengebäude von Thermoplan in Weggis. Vom ersten Gebäude an sollte sich der hohe Anspruch an die Technologie, die Handhabung und das Design der eigenen Produkte auch architektonisch widerspiegeln – in modernen Bauten aus Glas und Metall. Beim jüngsten Projekt waren die Architekten der Aldoplan AG allerdings noch einmal mit zusätzlichen Wünschen und Ansprüchen konfrontiert.
Das Augenmerk der Bauherrschaft lag darauf, den Energieverbrauch auf das absolute Minimum zu senken und als Folge die CO2 Emissionen zu reduzieren. Dies galt für den Betrieb des Gebäudes wie auch für seine Erstellung. Das Ziel war, den Neubau nach LEED® (Leadership Energy and Environmental Design) zertifizieren zu lassen. Zu den darin definierten Nachhaltigkeitsaspekten zählen die Senkung der Ökobilanz des Gebäudes, der Einsatz erneuerbarer Energien, ein Bau- und Abbruchmanagement sowie einiges mehr.
Ausserdem ging es darum, Ressourcen sinnvoll einzusetzen und den Mitarbeitenden ein Arbeitsumfeld zu bieten, in dem sie sich wohlfühlen und das Thema Gesundheit Priorität hat.

Digitale Unterstützung
Ein Mittel, um Planung und Realisierung möglichst effizient und effektiv zu gestalten, war die umfassende Einbeziehung von BIM. Dank des digitalen Zwillings von Werk 5 konnten anstehende Entscheidungen im Model visualisiert und gemeinsam getroffen werden. Sitzungen fanden online statt und die digitale Kommunikation war in Echtzeit möglich. BIM machte wichtige Zusammenhänge bereits in einer sehr frühen Phase des Baus abbildbar. So liessen sich beispielsweise Kollisionen von Leitungen der Gebäudetechnik vermeiden oder Dimensionen von Erschliessungen frühzeitig realistisch bestimmen; wichtige Aspekte, wenn es um Qualität, Zeit und Kosten geht.
Intelligent gesteuerte Gebäudehülle
Mit dem Neubau erhielt das Unternehmen weitere Logistikeinrichtungen und Büroräume sowie sieben zusätzliche integrierte Produktionsflächen. Eine Verdopplung der Produktion wird damit möglich.
Bauherr und Architekt legten grossen Wert auf die Wiedererkennbarkeit der Fassade. Erneut dominiert dabei das Glas. Allerdings ist es beim neuen Werk unterschiedlich ausgeprägt. Total montierte die 4B AG rund 2900 m² verglaste Fassadenelemente aus dem Pfosten-Riegel-Fassadensystem FS 2 aus Aluminium. Speziell dabei ist, dass rund 2000 m² dieser Fassadenelemente mit elektrochromen Gläsern ausgeführt wurden. Das elektrochrome Glas ermöglicht ein geräuschloses Verdunkeln und Abtönen der Scheiben per elektrischer Spannung. So lassen sich bestimmte Bereiche je nach Witterung automatisch abdunkeln.
Die Tönung der Gläser erfolgt innerhalb weniger Minuten und macht zusätzliche Beschattungssysteme überflüssig. Die Kraft des Sonnenlichts je nach Bedarf zu nutzen oder auszublenden, ergibt einen Zugewinn an Komfort und verbessert die Energieeffizienz des Gebäudes. Der Gebrauch von Heizung, Kühlung und elektrischer Beleuchtung reduziert sich ebenso wie die Wartung und entsprechende Kosten.

Die Zuleitung für den Anschluss des elektrochromen Glase läuft über die Fassade, während spezielle Fräsungen die Kabel ins Gebäude führen. Dort treffen sie auf einen Verteiler und auf den Zentralcomputer. Auf den Dächern wiederum wurden Sensoren installiert, die permanent das Wetter aufzeichnen. Per Algorithmus werden die Funktionen der Fassadenflächen dann nach Zonen aufgeteilt zentral gesteuert. Auch die Fernwartung der Gläser läuft zentral ab, was die Effizienz und einen störungsarmen Unterhalt gewährleistet.
«Die Elemente wurden von 4B so konzipiert, dass die elektrochromen Gläser inklusive Verkabelung und Einhängeteilen für die Montage am Bau schon im Werk eingebaut werden konnten», erklärt Roberto Wyssen, Projektleiter bei 4B.Dieser hohe Vorfertigungsgrad sorgte für eine gleichbleibende Verarbeitungsqualität.
Weitere 323 m2 der Fassade erhielten normales Isolierglas, dazu kamen 444 m2 Schallschutzglas und 120 m2Brandschutzglas. Die übrige Fassade besteht aus 2300 m2 hinterlüfteter Blechfassade. Bei der Materialwahl wurde Wert darauf gelegt, Brüstungsbleche und ein Pfosten-Riegel-System aus vorwiegend rezykliertem Aluminium zu verwenden. Auch die Isolation in Form von Glaswolle wurde aus über 75 % alten Glasflaschen und rezykliertem Fensterglas hergestellt.

Neues System und lange Lieferfristen
Die rund 200 Elemente wurden mit Hilfe eines 20-köpfigen Teams in nur neun Monaten am Bau montiert. Dass jeweils an mehreren Stellen gleichzeitig gearbeitet wurde, brachte einen grossen Koordinationsaufwand mit sich. 4B verbaute zudem mit dem FS2 ein neu lanciertes Fassadensystem. Das bedeutete Ergänzungen, angepasste Normen und mehr Details, auf die bei der Montage zu achten war. «Die Elemente sind keine Standardlösungen, sondern wurden extra für dieses Objekt angefertigt, was die Montage immer herausfordernd macht», erläutert Roberto Wyssen. Erschwerend kam hinzu, dass es wegen der begrenzten Platzverhältnisse auf der Baustelle nicht möglich war, grosse Mengen vorrätig zu halten und auch die Materiallieferung gut koordiniert sein musste. Schon für die Produktion der Elemente brauchte es viele verschiedene Komponenten die «just in time» abgerufen werden mussten.
Allein die Lieferfrist der elektrochromen Gläser beträgt mindestens sechs Monate. Das stellte den Einkauf und die Projektleitung vor dieHerausforderung, die Gläser frühzeitig termingerecht im Werk von 4B in Hochdorf für die Montage anliefern zu lassen. Nach dem Einbau der Gläser wurden die fertigen Fassadenelemente dort zwischengelagert. Wichtig war daher gemäss Roberto Wyssen, «das ganze Team darauf zu sensibilisieren, beim Einbau sehr behutsam vorzugehen. Die Lieferzeiten für diese Gläser sind sehr lang und das hätte den Zeitplan im Fall eines Schadens stark beeinträchtigt». Um sicherzustellen, dass das Glas von der Produktion im Werk bis auf die Baustelle keinen Schaden erlitten hat, wurde in jedem Schritt die Funktionsfähigkeit geprüft. Wiederum wurde der allgemeine Planungsaufwand durch das elektrochrome Glas reduziert, indem nicht noch Storen und deren Anschlüsse berücksichtigt werden mussten.
Von der Planung bis in den Betrieb hinein kann die Gebäudehülle von 4B einen wichtigen Beitrag dabei leisten, das neue Werksareal besonders effizient zu machen.
BAUTAFEL
Bauherrschaft: Thermoplan AG, Weggis
Architektur: Aldoplan AG, Weggis
Green Building und Nachhaltigkeitscontrolling: Amstein + Walthert, Zürich
Fassadenplanung: 4B AG, Hochdorf
Pfosten-Riegel-System: FS2; im Brandschutzbereich RAICO THERM+ A-V
Elektrochromes Glas: SageGlass