Transparente Fernsehlandschaft

Das neue News- und Sportgebäude von SRF in Zürich Leutschenbach setzt auf Transparenz und Offenheit. Horizontale Bandfenster, Aluminium und Betonträger schaffen eine elegante Fassade als Hybridkonstruktion. Im Innern gibt es offen konzipierte und flexibel anpassbare Räume für die digitale Zukunft der Schweizer Landesmedien. Dies alles erforderte anspruchsvolle Ingenieursleistungen auch bezüglich der Fassade und eine enge Zusammenarbeit aller Akteure am Bau.

Wohin die Digitalisierung das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) führt, ist selbst für die öffentlich-rechtliche Institution unsicher. Vor 15 Jahren präsentierten sich die Sendestudios von SRF futuristisch. Heute sind diese, trotz vieler neuer Formate und einem grossen Digitalisierungsschub, wieder näher beim Publikum. Dies trifft auch auf die Architektur des neuen News- und Sportgebäudes von SRF in Zürich Leutschenbach zu. Zum einen scheint das fünfgeschossige Gebäude der Architekten Penzel Valier aus Zürich selbstbewusst über dem zurückversetzten Sockelgeschoss mit Vollverglasung zu schweben. Zum anderen tritt es mit seiner harmonischen Fassade aus Fensterbändern, farblos eloxierten Aluminiumelementen und Betonverkleidungen zurückhaltend in Erscheinung. Was für den fünfgeschossigen Neubau bezüglich Baustatik, Haustechnik und der räumlichen Organisation von den Ingenieuren und Fachplanern geleistet werden musste, ist erst auf den zweiten Blick erkennbar.

Penzel Valier Architekten, Zürich

Verdichtung auf dem Stammareal

Die dreiseitige, markante Ausladung des neuen News- und Sportcenters ist eine Folge des Masterplans, den Penzel Valier im 2012 gewonnenen Studienauftrag entwickelt hatten. Alle zukünftigen Entwicklungen der seit 2011 an einem Standort vereinten Landesmedien sollten demnach auf dem bestehenden Gelände mit einer Verdichtung und vorgeschriebenen Freiflächen realisiert werden. Zugleich aber sollte sich das Areal, das von Wohnsiedlungen umgeben ist, zugänglich zeigen; mit einem öffentlichen Park, dem sogenannten Mediengarten, einem ebenerdigen Restaurant und – als absolutes Novum – von aussen einsehbaren Nachrichtenstudios im Erdgeschoss. Das ist Architektur gewordener Service Public im Wortsinn für die sogenannte «vierte Gewalt» des Landes.

Penzel Valier Architekten, Zürich
Penzel Valier Architekten, Zürich

Hohe Komplexität

Die Verantwortlichen des Neubaus verstehen das Gebäude nicht als Bürohaus, sondern als «Industriebau» oder «Werkstatt». Dies hat unter anderem damit zu tun, dass im Innern grosse Spannweiten erreicht wurden, um die zukünftigen Nutzungen, die sich ständig verändern können, grösstmöglich flexibel zu halten. Auch atmosphärisch ist der Hybridbau aus Stahlträgern, Beton, Glas und Aluminiumbauteilen näher beim Rohbau eines Industriebaus denn bei einem Dienstleistungsgebäude. So tritt im Innern das Tragwerk offen zutage und die schrägen Träger, die notwendig waren, damit die grosse Auskragung möglich wurde, sind im ersten Obergeschoss unverkleidet in Szene gesetzt. Das vollverglaste Sockelgeschoss und die Horizontalität, die mit den Fensterbändern erreicht wurde, verbirgt die Komplexität der Statik und die Anordnung der tragenden Bauteile. Das offene Atrium im Erdgeschoss mit Restaurant, Bar und Senderäumen und einem 300 Quadratmeter grossen Studio verfügt über vier innere, zentrierte Stützen, die zusammen mit den Fassaden-Pfeilern eine Kassettendecke tragen. Das Mezzanin hingegen ist komplett stützenfrei und machte eine Aufhängung der darüberliegenden Ebenen möglich.

Penzel Valier Architekten, Zürich

Technische Herausforderungen

Der Fassadenbauspezialist Krapf AG war in enger Zusammenarbeit mit den Fachingenieuren von Feroplan für die komplette Sockelfassade im Erdgeschoss, die Fassade im 1. OG sowie bei den drei weiteren Geschossen für die Glas-Metallkonstruktion, die umlaufenden Bandfenster, die Senkklappfenster, Aussentüren, Vordächer, automatischen Schiebedächer und Lamellenbeschattungen verantwortlich. Für Krapf bedeuteten die grossen Spannweiten der Stützen und Träger, die an der Fassade 300 Millimeter auskragen, eine hohe Anforderung an die Verglasung. Diese müssen Plus- und Minussenkungen aufnehmen können, da sich die langen Träger aufgrund der Lasten verformen können. Die schwimmende Konstruktion wurde mit Gleitlagern oder sogenannten Senkkonsolen gelöst. Weil das Erscheinungsbild möglichst einen Industriecharakter haben sollte, wurden die farblos eloxierten Aluminiumbauteile in Form von Blechkassetten vor dem farblosen Eloxieren mit einer Beizung speziell vorbehandelt. Neben der Erfüllung der optischen Ansprüche der Architekten war die Krapf AG auch aufgrund der Abmessungen der Rahmenprofile gefordert, lasergeschweisste Stahlprofile konstruieren und anfertigen zu lassen. Die Vorteile der lasergeschweissten Profile waren die Einhaltung der gewünschten Dimension und Abmessung sowie aus architektonischer Sicht die scharfen Kanten. Auf der Aussenseite wurde aus optischen Gründen nur eine schwarze Fuge gewünscht.

Penzel Valier Architekten, Zürich
Penzel Valier Architekten, Zürich

Anspruchsvolle Planung

Da die Bauherrschaft bis kurz vor Bezug des Gebäudes eine flexible Raumaufteilung wünschte, mussten diverse Anschlüsse wie zum Beispiel Trennwände schallentkoppelt ausgeführt werden. Die Schallentkopplung in Kombination mit der Bausenkung war in der Planung eine technische Herausforderung. Die Krapf AG konnte dies in Zusammenarbeit mit den Bauphysikern lösen. Die Komplexität des gesamten Bauprojekts erforderte eine ausgeklügelte Bauplanung für sämtliche Schnittstellen mit anderen Gewerken. Weitere Schnittstellen wie beispielsweise Elektro und Beschattung konnten erst kurz vor Ausführung final erstellt werden. Dabei mussten unter anderem die langen Lieferzeiten der Materialbeschaffung etwa für die lasergeschweissten Stahlprofile, die Beschattung oder die Isoliergläser berücksichtigt werden.

Penzel Valier Architekten, Zürich

Gebaute Visitenkarte

Das in jeder Hinsicht komplexe Bauwerk zeigt aber auch den Anspruch der Architekten, Ästhetik, Ausdruckskraft und Ingenieurskunst im Sinne einer integralen Baukunst zu einem grossen Ganzen zusammenzufügen. Die Architekten haben dies unter anderem mit einer Gebäudehülle gelöst, die eine ruhige Präsenz und eine hohe Wertigkeit ausstrahlt und zugleich einlädt, das Gebäude in Augenschein zu nehmen. Der Neubau ist die neue gebaute Visitenkarte von SRF, denn mit dem schwindenden Vertrauen in die Medien ist der Auftrag auch für SRF klar: «Wir müssen die Bevölkerung, unsere Auftraggeberin, zu uns einladen und ihr zeigen, was wir tun, wie wir es tun und warum. Damit das Publikum uns wirklich arbeiten sieht, haben wir transparente Studios und Moderationsräume mitten in den Redaktionsbüros gebaut», sagte dazu der Fernsehmoderator Urs Leuthard in einem Interview mit espazium.ch.

BAUTAFEL

SRF News- und Sportgebäude in Zürich-Oerlikon (2012–2020)

Bauherrschaft: Schweizer Radio und Fernsehen, Zürich

Architektur: Penzel Valier, Zürich

Tragkonstruktion: Penzel Valier, Zürich

Fassadenplanung: Feroplan Engineering, Chur

Fassadenbau: Krapf AG, Engelburg/SG

Bauphysik: Gartenmann Engineering, Zürich

Gebäudevolumen SIA 416: News- und Sportcenter: 58’026 m3

Tiefgarage und Technikzentrale: 66’856 m3

Geschossflächen SIA 416: News- und Sportcenter: 12’140 m2

Tiefgarage und Technikzentrale: 19’090 m2

Wärmeerzeugung: Abwärmenutzung, Fernwärme

 

Fotos: Kuster Frey, Zürich